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250 - Siron Franco & Ivald Granato - Zeitgenössische Malerei aus Brasilien (20.3.1999 - 30.4.1999)

Vernissage
Samstag, 20. März 1999, ab 16 Uhr

Einführung durch Monika Wösthoff, lic.phil. Kunsthistorikerin
Die Künstler sind anlässlich der Vernissage anwesend.


Ausstellung
Vom 20. März bis 30. April 1999

Matinee
Sonntag, 11. April 1999 von 11 - 16 Uhr
mit Monika Wösthoff, lic.phil. Kunsthistorikerin

«PURPUR/NA NA CABE9A», 1996
Öl auf Leinwand
155 x 135 cm

Siron Franco

Gessiron Alves Franco, wie er mit bürgerlichem Namen 1947 in Goias Velho (der alten Hauptstadt des Bundesstaates Goias) geboren wurde, ist das jüngste von zehn Kindern. Der Vater ist Landarbeiter, die Mutter Hausfrau; die älteren Kinder verkaufen  selbstgemachtes Gebäck - ein Nebenverdienst, der die Armut ein wenig lindern hilft.

1950 zieht die Familie nach Goiänia, in die 1933 neu entstandene Stadt, wo Siron Franco die nächsten 20 Jahre leben wird.

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Gessiron Alves Franco, wie er mit bürgerlichem Namen 1947 in Goias Velho (der alten Hauptstadt des Bundesstaates Goias) geboren wurde, ist das jüngste von zehn Kindern. Der Vater ist Landarbeiter, die Mutter Hausfrau; die älteren Kinder verkaufen  selbstgemachtes Gebäck - ein Nebenverdienst, der die Armut ein wenig lindern hilft.

1950 zieht die Familie nach Goiänia, in die 1933 neu entstandene Stadt, wo Siron Franco die nächsten 20 Jahre leben wird. Die bürgerliche Mittelklasse Goiänias schmückt ihre Wohnungen und Häuser oft mit billigen Reproduktionen berühmter Bilder europäischer Meister: Wahrscheinlich begegnet Siron dadurch erstmals den darstellenden Künsten.

Mit zwölf Jahren, während einer Reise seiner Eltern, nutzt Siron die Gelegenheit und malt das «Christi Abendmahl» an eine Wand des Elternhauses: In seiner Interpretation stehen die Apostel aufrecht.

Siron lernt als Autodidakt malen und zeichnen, er versucht verschiedenste Techniken, experimentiert, beobachtet und findet so zum eigenen Stil. Mit Porträtmalerei verdient er ein erstes, bescheidenes Einkommen und entfaltet dabei seine künstlerischen Fähigkeiten.

Als er 1967 die Frau des Gouverneurs von Goias malt, wird seine Porträtmalerei bekannt. Franco reist nun häufig in die neue Hauptstadt Brasilia, wo er zahlreiche Personen der Oberschicht porträtiert; bis in die späten siebziger Jahre bleiben Frauenporträts in seinen Arbeiten präsent.

Es folgt die erste Ausstellung in Goiänia, und an der Second Bahia Bienal werden zwei seiner Bilder gezeigt. Nach der Heirat mit Goiaci Milhomen und der Geburt des ersten Sohnes, zieht die Familie 1970 nach Säo Paulo um, wo Franco mit den Künstlern Bernardo Cid und Walter Levy arbeitet. In dieser Periode entstehen photorealistische Bilder.

1971 wieder in Goiänia lebend, malt der Künstler an 30 Ölbildern für seine erste grosse Einzelausstellung in Rio de Janeiro. Es folgen zahlreiche Einzel-und Gruppenausstellungen in Brasilien, Chile, Mexiko, Kolumbien, Spanien, Schweden, USA, Frankreich und Schottland. Ebenfalls in den 70er Jahren entstehen die «Horror Fable»: Bilder, die mittels starr dargestellten Körpern den Tod ausdrücken. Charles Cosaz zieht in einem Artikel des «Sojouns International Magazine» Parallelen zum Werk von Francis Bacon.

Bereits mit 28 Jahren hat Siron Franco alle wichtigen Kunstpreise seines Landes gewonnen.

1976 lebt Franco zwei Jahre in Europa, und aus der Ferne wird ihm erst richtig bewusst, wie far-benfroh seine Heimat ist. Darum beherrschen nach der Rückkehr aus Spanien bis heute Farben die Werke von Siron Franco.

Aufgewühlt vom tragischen Cäsium-137-Unfall in Goiänia, malt Siron Franco 1987 eines seiner stärksten Werke: «The Cesium series» (Anm.: Ein Behälter mit dem radioaktiven Material, der auf einer Müllhalde deponiert wurde, ist fatalerweise geöffnet worden. Einige Leute reiben sich mit der magischen Substanz ein: Sie schimmert tagsüber silbrig, und nachts leuchtet sie fluoreszierend. Bilanz: Vier Menschen und zahlreiche Tiere sterben, der ganze Bun-desstaat Goiänia wird durch das radioaktive Pulver verseucht).

Abbildungen von Tieren, sei es allein oder zusammen mit Menschen, sind ein stetes Motiv des Künstlers. Ab Mitte der 80er Jahre wird sein Maistil zunehmend abstrakt.

Gegenwärtig ist Francos Malerei surrealistisch-abstrakt und wird von seinen Träumen beeinflusst.

Für ihn ist die Malerei sein Weg, die Welt zu erfahren -und gleichzeitig Dialog mit der Welt. Er schöpft sein eigenes Universum und erschafft dabei ein Werk, das nicht auf sich allein bezogen ist, sondern das aktuelle Zeitgeschehen reflektiert. Oder wie er selbst formuliert: «Jedes Gemälde ist eine Reise mit unbestimmtem Ziel.»

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«SI TITULO», 1996
Acryl auf Leinwand
120 x 90 cm

Ivaldo Granato

Nein, ein Meister leiser Töne ist Granato nicht, er liebt die gewaltigen Paukenschläge. Dieses südamerikanische Multitalent bevorzugt leuchtende Farben, besitzt eine Vielfalt künstlerischer Ausdrucksmöglichkeiten und tobt seine scheinbar grenzenlose Lust an Selbstdarstellung in spektakulären Videos und Performances aus.

Verrückt, witzig, zielsicher und berstend lebendig entspringt seine Wildheit dabei künstlerischer und menschlicher Reife.

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Als 14jähriger beginnt lvald Granato, sich mit der Kunst auseinander zu setzen. Sein Talent als Zeichner und Maler verhilft ihm zu einem unbeschwerten, leichten Zugang. Spontan und präzis sind seine Bleistiftskizzen, seine Pinselstriche. Die Zeichnung, die ganz am Anfang seiner künstlerischen Entwicklung steht, bleibt trotz seiner heutigen Vielfältigkeit sein zentrales Arbeitsgebiet.

In der Mitte der 1960er Jahre wird Granato von Duchamps «Ready Mades» und der «Body Art» von Joseph Beuys berührt und beeinflusst. Granatos Interesse für Perfomances rührt denn auch aus dieser Zeit her und ist bis heute ein wichtiger Bestandteil seiner Kunst geblieben. Die Erfahrung im Bereich der Konzeptkunst hat ihn jedoch nie wirklich vom Zeichnen und von der Malerei entfernen lassen.

Der unermüdliche Kunst-Werker Granato kann seine unbändige Energie am besten im wilden, schnellen und ausdrucksstarken Pinselstrich entfalten. Im Atelier zu Hause, in einer Bar, beim Nachtessen, an einem Fest, als permanenter Aktionskünstler und Performer, keine Minute innehaltend, mischt Granato das Leben und die Kunst in den gleichen Fluss. Überall ist er mit seiner unglaublichen Fähigkeit, sich selbst zu promovieren und zu agitieren in der Avantgarde von Säo Paulo präsent.

Seine kontinuierliche Bewegungslust, sein frenetischer Rhythmus in der Kreation lässt ihn als wahres Energiebündel erscheinen. Wie er selbst in einem Interview erklärt, zieht er bei seinem künstlerischen Ausdrucksmittel keine Grenzlinien; Performance und Malerei fliessen ineinander, ergänzen sich, entladen sich in nicht innehaltender kreativer Arbeit.

Granatos Werke sind Chroniken brasilianischen Lebens, zeigen Probleme seines Volkes auf, sind Momentaufnahmen der alltäglichen Lebensrealität. 1 n manchen Gemäl-den erscheinen Figuren, schemenhafte Gestalten, die an Höhlenmalerei spanischer Steinzeitmenschen erinnern mögen.

Granato selbst spricht bei seiner Malerei von der Pluralität der Übungen, die sein kreatives Handeln bestimmen. Wie jemand, der unverhofft eine Einladung erhält, lässt er alles fallen und transformiert seine Malerei in Postmarken, Stempel, Sammelfiguren, mit der Farbenwahl eines tropischen Matisse.

Seine künstlerischen Kreationen, stimuliert vom aktuellen Zeitgeschehen und seinen Eindrücken, hören dabei nie auf, substantiell zu wachsen. Sein Aktionsfeld erweitert sich kontinuierlich, ein leidenschaftlicher Maler, ständig auf Entdeckungsreise.

 

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Danksagung

Wir danken 

  • Rita Ficher Rohr,
  • BM & F Bolsa de Mercadorias & Futuros de Säo Paulo (Brasil),
  • banespa, Banco do Estado de Säo Paulo S.A,

die mit ihrem Engagement beigetragen haben, diese Ausstellung zu ermöglichen.