266 - Jean Cocteau - Zeichnungen, Grafik, Keramik (7.4. - 5.5.2001)

Jean Cocteau (1889 - 1963)

Zeichnungen, Grafik, Keramik

 

Vernissage
Samstag, 7. April 2001, 14 - 17 Uhr

Ausstellung
Bis 5. Mai 2001

Biografie

Jean Maurice Eugène Clément Cocteau, geboren am 5.6.1889 in Maisons-Lafitte (F), wächst in der Belle Époque in einer kunstliebenden Familie auf. Zunächst schlägt Cocteau den Weg in die Literatur ein. Doch auch sein zeichnerisches Talent kommt schon früh zum Vorschein. Seine ersten Zeichnungen signiert er mit «Japh», die 1914/15 in «Le Mot» veröffentlichten Zeichnungen mit «Jim». Allererste Karrikaturen erscheinen in «Le Témoin» und in «Comœdia».

Cocteaus ganzes künstlerisches Werk wird von seinen freundschaftlichen Beziehungen geprägt. Als Anfang der zehner Jahre Sergei Diaghilews «Ballett Russes» Paris erobert, ist er nur noch hinter der Bühne des Balletts zu finden, fertigt die Plakate für die Uraufführung «Le Spectre de la rose» und schreibt ein Szenario für das Ballett. Ihm wird jedoch bewusst, in den konventionellen Bahnen gefangen zu bleiben. Zum ersten Mal empfindet er «die Verachtung der Gewohnheiten, ohne die die Kunst stagniert und ein Spiel bleibt.»

In «Le Potomak» (1861-1942) gruppieren sich Texte um eine Folge cartoonartiger Zeichnungen und nehmen vorweg, was die Surrealisten später als «écriture automatique» für sich entdecken werden: Zeichnungen, die wie unwillkürlich geschaffen scheinen. 1913 lernt Cocteau den Flieger Roland Garros kennen, darf ihn bei seinen Fliegereien begleiten. Hier gelangt er zu Erlebnissen, die sein literarisches Schaffen nachhaltig beeinflussen. 1916 kommt Cocteau als Hilfssanitäter der Marineinfanterie für einige Monate an die belgische Front. Einige Gedichte und der Roman «Thomas l’imposteur» geben seine Kriegserfahrungen wieder. Der Tod als Thema taucht zum ersten Mal auf.

Zurück in Paris verkehrt er häufig mit den Künstlern von Montparnasse. Die Begegnung mit Picasso gehört zu seinen wichtigsten. Zusammen mit ihm und dem Komponisten Erik Satie arbeitet er an dem Ballett «Parade», das einen Skandal auslösen sollte.

In dem 1918 erscheinenden Traktat «Le Coq et l’arlequin» schlägt er sich auf die Seite von Satie, der sich der Schlichtheit verpflichtet fühlt, und stellt sich damit gegen den Einfluss von Richard Wagner und Claude Debussy.

Im selben Jahr lernt er Raymon Radiguet kennen. Die beiden Schriftsteller erleben zusammen eine fruchtbare Schaffensperiode. Radiguet entfremdet Cocteau von der Avantgarde, lehrt ihn, auf sein Inneres zu hören. Doch Radiguet stirbt frühzeitig an Typhus. Der Tod des Freundes hinterlässt im Leben Cocteaus eine nicht mehr zu schliessende Lücke. Er flüchtet ins Opium, wendet sich kurzzeitig dem Katholizismus zu, bleibt auf der Suche nach einem Mittel gegen den Schmerz.

Die griechische Mythologie beschäftigt ihn lange Zeit. Theaterstücke entstehen, die von den griechischen Tragödien inspiriert sind. Vom Opium kommt Cocteau nie mehr los, obwohl er sich sechs Entziehungskuren unterzieht.

Eine Zeit lang widmet er sich ausschliesslich dem Journalismus. Mit Marcel Khill tritt er 1936 eine Reise um die Welt à la Jules Vernes an. «Mon premier voyage» beschreibt eine Welt im Umbruch.

Cocteau schreibt vermehrt für das Theater und entdeckt den Film als Medium künstlerischen Ausdrucks. 1947 lernt er Francine Weisweiler und Edouard Dermit kennen, seinen späteren Adoptivsohn. Beide begleiten ihn bis zuletzt.

Ab 1950 wendet er sich vermehrt der bildenden Kunst zu, entdeckt für sich die Wandmalerei. Parallel dazu entstehen Kartons für Tapisserien, Ölgemälde, Pastelle, Keramiken und sogar Kirchenfenster (Saint-Maximin in Metz).

1955 wird er in die Königlich-Belgische Akademie für französische Sprache und Literatur und in die Académie Française aufgenommen. Die Universität Oxford verleiht ihm 1956 die Ehrendoktorwürde. 1954 erleidet er einen schweren Herzinfarkt. Nach einer zweiten Herzattacke 1963 stirbt er in Milly-la-Forêt.

Stil

Cocteau schloss sich nie irgend einer Richtung an, blieb Feind jeglicher Etikettierung. Bis heute sperrt er sich kunsthistorischen Einordnungsversuchen. Gewiss hat er an den Strömungen seiner Zeit teilgehabt, oftmals war er ihr Initiator. Am ehesten darf er als Anreger des Neoklassizismus gelten. Wirklich zuzurechnen ist er aber keiner Stilrichtung. Er hat seinen ganz eigenen, vor allem «figürlichen» Stil, der oftmals in Kombination mit spielerischen Dekorationsmotiven auftritt. Was Cocteaus Werk im Formalen so ansprechend macht, ist die Huldigung an die bereits im Motivischen angelegte Einfachheit. Er vermag in wenigen Strichen Vielschichtiges und Hintergründiges darzustellen. Cocteau hat seinen Zeichenstil als Schrift bezeichnet, als einen Fluss von Linien. Gesichter und Gestalten organisieren sich nicht zu einer beständigen Ordnung. Die Volumen verlieren ihre Wichtigkeit zugunsten der bewegten Umrisse. Es ist ein unaufhörliches Fliessen in seinen Bildern. Seine Zeichnungen bestechen gleichwohl durch ihre Klarheit und Unaufdringlichkeit. Sie wirken leichthändig, aber nicht hastig oder flüchtig. Die Zeichnung, so Cocteau, soll «kein Köder fürs Auge, wohl aber für den Geist sein.»

Motive

Ein zentrales Motiv seines künstlerischen Schaffens ist die Weisheit der Mythen. Die archaische Schlichtheit, mit der sie das Wesentliche des menschlichen Seins erfassen, faszinieren Cocteau. Als Sinnbilder menschlichen Daseins sind ihm vor allem Ödipus und Orpheus eine stetige Inspirationsquelle. Cocteaus Werk, sein schillerndes Wandern zwischen den Stilen und künstlerischen Disziplinen, ist sicher auch Spiegelbild seines Lebens, das – eingespannt ins gesellschaftliche Getriebe und verstrickt in zwischenmenschliche Beziehungen – niemals zur Ruhe kommt. Zugleich kommt darin aber auch ein Aspekt zum – höchst individuellen – Ausdruck, der die moderne Existenz allgemein auszeichnet, nämlich der Verlust an verbindlichen Werten und festgefügten Orientierungen.

Pressespiegel