Fotolithografie

Die Fotolithografie gehört zu den Flachdruckverfahren und findet die Ursprünge ihrer Entwicklung Ende des 19. Jahrhunderts. Bei der Fotolithografie wird die Darstellung mittels einem fotographischen Kopierprozess auf den Stein oder die Druckplatte übertragen.

 

Zur Herstellung einer Fotolithografie nimmt der Künstler ein bestehendes Werk und stellt von diesem Original einen Fotofilm her. Er hat nun die Möglichkeit nach zwei Methoden zu verfahren. Entweder er verwendet ein Negativ (Negativ-Verfahren) oder ein Diapositiv (Positiv-Verfahren). Die Abbildung auf dem Film wird durch ein Raster erzeugt, welches selbst feinste Halbtöne und Farbnuancen hervorheben kann. Eventuelle Retuschen oder Ergänzungen des Künstlers werden als Ätzarbeiten an den Filmen vorgenommen. Durch Vergrössern oder Verkleinern der Rasterpunkte können die Helligkeitswerte beeinflusst werden.

Bei Fotolithografien mit einer Steinplatte als Druckstock wird beim Negativ-Verfahren das gerasterte Negativ (Raster: Aufteilung der Darstellung in viele kleine, verschieden helle Punkte, die zusammen das Gesamtbild ergeben) auf einen mit einer lichtempfindlichen Schicht (= Schicht, die sich bei Belichtung der Helligkeit entsprechend verändert und so das Bild auf dem Negativ strukturell wiedergibt) versehenen Stein gelegt und belichtet. Auf den belichteten Partien erhärtet sich die lichtempfindliche Schicht; sie bleibt bestehen und nimmt später die Druckfarbe an. An den unbelichteten Stellen lässt die Schicht sich auswaschen, und der Stein hat wieder die ursprüngliche, körnige Oberfläche.

Beim Positiv-Verfahren wird statt des Negativs ein, ebenfalls gerastertes, Diapositiv auf die lichtempfindlich beschichtete Steinplatte kopiert. An den unbelichteten Stellen bleibt die Schicht weich und wird ausgewaschen. Die belichteten Partien bleiben stehen, da sich die Schicht erhärtet. Um den Stein aufnahmefähiger zu machen wird im Anschluss die Oberfläche nochmals geätzt. Für eine mehrfarbige Fotolithografie werden Farbauszüge aus den Diapositiven herausfiltriert und in einzelnen Druckschritten auf den Stein kopiert.

Die Steinplatte wird nun mit Gummiarabikum gummiert, d.h. die blanken Stellen werden durch die Gummischicht wasserabstossend, während die Reproduktion auf dem Stein das Gummiarabikum abstösst und bestehen bleibt. Vor dem Druckprozess wird die Platte mit einem Schwamm befeuchtet und mittels einer Lederwalze eingefärbt. Die Farbe haftet nun nur an den belichteten Partien, nicht aber auf den feuchten, gummierten Leerstellen.

Ursprünglich wurden Lithografien auf der Handpresse gedruckt. Sie besteht im Wesentlichen aus einem horizontal beweglichen Karren, auf dem der Stein zu liegen kommt, und einem Reiber, der von oben Druck auf den Stein erzeugt. Der Reiber, eine dachförmig zugeschliffene, starke Holzleiste, ist durch einen Hebel mit dem Karren verbunden. Karren und Stein werden im Druckprozess waagrecht unter dem Reiber durchgezogen.

Auf den sauber eingewalzten Stein wird ein Bogen angefeuchtetes Auflagepapier sowie eine Papierunterlage und ein Deckel aus Pavatex gelegt. Der Karren wird so gestellt, dass eine Steinkante direkt unter den Reiber zu liegen kommt. Das «Druckgeben» geschieht durch kräftiges Herunterziehen des Hebels an der Presse. Durch ebenso kräftiges Drehen an der Kurbel gleitet der Karren mit dem Stein unter dem Reiber hindurch, und zwar genau von einer Steinkante zur anderen. Nach dem Druckprozess wird der Druck gelöst, Pavatex und Deckbogen entfernt und der Abzug sorgfältig abgehoben. Die mit dem Stein verbundene Zeichnung selbst bleibt auf der Platte zurück und kann, wenn der Stein wieder angefeuchtet und eingewalzt wird, wiederholt gedruckt werden.

Fotolithografien werden auch oftmals mit einer Offsetdruckpresse gedruckt.

Als Druckstöcke dienen Zink- oder Aluminiumplatten, die ähnlich wie Kalkstein behandelt werden können und dünner sind. Die fertig retuschierten Rasterfilme werden durch Belichtung auf die beschichteten Druckplatten kopiert. Mit dem Kreuzraster werden kleinste Punkte in der richtigen Helligkeit auf die Druckform projiziert und von der chemischen Schicht auf die Platte übertragen. Gedruckt wird diese Art der Fotolithografie im Offset-Verfahren.

Der Offsetdruck ist ein indirektes Druckverfahren, d.h. der Abzug erfolgt nicht direkt von der Druckform, sondern die Farbe wird von der Druckplatte auf einen Gummizylinder aufgetragen und von diesem auf das Papier gedruckt.

Die auf einer Walze montierte Druckplatte ist etwa 0,5 cm dick. Sie überträgt die Farbe auf den Gummizylinder, welcher praktisch ohne Abnutzung eine fast unbegrenzte Anzahl an Abzügen drucken kann.

Die Verwendung von Rastern erlaubt feine Tonwertabstufungen und mit nur drei bis vier Farben können bereits Abzüge von hoher  Qualität erreicht werden. Fotolithografien ab Offsetdruck vermitteln oftmals eine gewisse Weichheit der Farben, die auf den Umdruck vom Druckstock auf den Gummizylinder zurückzuführen ist. Mit der Verwendung von konzentrierten Farben und gestrichenen Papieren kann aber eine unglaubliche Brillanz an Schärfe und Farbnuancierung erreicht werden. Mit einer Lupe sind die feinen Rasterpunkte auf dem Blatt erkennbar. Der Gummizylinder übt keinen hohen Druck auf das Papier aus, wodurch das Papier nicht geglättet wird und die Farbe immer auf der Oberfläche des Papiers haftet und nicht in den Bogen eingepresst wird.

Bei Fotolithografien ab Handpresse verschmilzt die Farbe stärker mit dem Papier und das Blatt wird durch den Druck geglättet. Auch hier sind die Rasterpunkte mit der Lupe erkennbar.

Durch den fotografischen Zwischenschritt lassen sich alle Techniken als Grafik darstellen. Die Fotolithografie ist eines der modernsten Druckverfahren und wird auch vornehmlich von Künstlern der Gegenwart genutzt. HR GIGER gelang es mittels der Fotolithografie, seine Airbrush-Werke einem grösseren Publikum zugänglich zu machen, ohne dass ihr Charakter durch die Technik verändert wurde.